AIC007 – Skript

Intro

Hallo,

und willkommen zum Podcast „Alles ist Chemie“, ich bin Nicholas Jankowski. Schön, dass ihr zuhört.

Das ist die siebte Folge des Podcasts, heute geht es um Farben, Felsbilder und Höhlenmalerei. Wir schauen uns an was Farbe eigentlich ist und wie wir sie wahrnehmen.

Ich bin meines Zeichens Chemiker und kein Historiker, also wird der Fokus und Anspruch auf dem chemischen Gebiet liegen.

Vorweg noch ein Hinweis. Die Folgen haben Kapitelbilder, die in dieser Folge die Kunst zeigen und wie sonst chemische Zusammenhänge besser verdeutlichen können. Einige Apps zeigen die aber leider nicht an, zum Beispiel Spotify. Falls ihr die also sehen wollt, könnt ihr euch vielleicht für eine andere App begeistern oder auch auf die Internetseite allesistchemie.de nachschauen.

Geschichte und Gesellschaft

Wir beginnen mit dem geschichtlichen Hintergrund.

Viele Höhlenmalereien sind in Europa gefunden worden, dabei vor allem in Spanien und Frankreich. Auch die ältesten bekannten Malereien wurden in Spanien gefunden und zwar in der Maltravieso Höhle in Caceres. Die Stadt liegt in Extremadura, was im Westen an Portugal grenzt. Dort wurden farbige Handabdrücke gefunden, die mit der Uran-Thorium-Methode auf ein Alter von mindestens 64.000 Jahren datiert wurden. Und damit nicht von Homo Sapiens, sondern von Neandertalern stammen. Wir befinden uns vor 64.000 Jahren weiterhin in der Steinzeit. Es wird noch eine Weile bis zur Bronzezeit vergehen. Die Höhle wurde 1951 entdeckt und enthält wie bereits gesagt, vor allem Malereien durch Hand-Stempeln.

Weitere sehr bekannte Höhlen sind die Höhle von Altamira erneut in Spanien. Diese liegt in der Nähe von Santander an der Nordküste Spaniens. Die Höhle wurde 1868 entdeckt und enthält viele Bilder von Tieren in verschiedenen Farben, aber auch Zeichnungen mit Kohle und Ritzungen im Gestein. Die Entdeckungsgeschichte finde ich sehr spannend. Im Jahr 1868 verschwand ein Jagdhund und ein Jäger, Modesto Cubillas, fand bei der Suche die Höhle. Der meldete sie dem Grundherrn, Marcelino Sanz de Sautuola, einem Naturwissenschaftler. Die Malereien wurden dann wohl von seiner Tochter entdeckt, die in der Höhle stehen konnte und die Deckengemälde besser sah. Die Malereien zu datieren ist nicht ganz einfach und die Bilder sind zu verschiedenen Zeiten entstanden. Die ältesten Abbildungen datieren allerdings wohl 36.000 Jahre zurück in die Vergangenheit. Darüber hinaus ist die Höhle bedeutsam, da sie einen großen Konflikt in der Vergangenheit auslöste. Viele sogenannten Experten der damaligen Zeit wollten nicht anerkennen, dass die Felsbilder aus der Steinzeit stammen und warfen dem Entdecker Sanz de Sautuola vor er habe sie fälschen lassen. Damals gab es noch keine Möglichkeit der Datierung durch Isotope. Erst weitere Funde in Spanien und Frankreich verhärteten die Theorie und Interpretation.

Eine der wahrscheinlich beeindruckendsten Höhlen liegt im Südosten Frankreichs, nahe dem Pont-d’Arc im Tal der Ardèche. Es ist die Chauvet-Höhle, benannt nach ihrem Entdecker Jean-Marie Chauvet. Auch dort ist die Datierung schwierig, aber man geht von bis zu 37.000 Jahren aus. Zu den gefundenen Malereien gehören viele verschiedene Tiere, zum Beispiel: Höhlenlöwen, Mammuts, Rentiere, Auerochsen, Hirsche und eine Schnee-Eule. Weiterhin finden sich Mischwesen, Sexualsymbole und Handabdrücke.

Jüngere Bilder sind in der Höhle von Lascaux zu finden. Sie sind etwa 17000 Jahre alt und befinden sich in der Region Nouvelle-Aquitaine im Südwesten Frankreichs. Gefunden wurde sie im Jahr 1940.

Auch in anderen Gegenden der Welt wurden Höhlenmalereien gefunden. Besonders hervorheben möchte ich da die Höhlen im Maros-Pangkep Karst auf Sulawesi in Indonesien. Nachdem wir in der Maltravieso-Höhle die ältesten Handabdrücke als Kunst hatten, sehen wir in den Höhlen im Maros-Pangkep die ältesten figurativen Motive. Sie sind ca. 45000 Jahre alt und zeigen Tiere.

Wenn man solche Höhlen heute besichtigt, dann wird man in der Regel heute in Besucherzentren geleitet, wo Repliken ausgestellt sind. Früher einmal waren einige der Höhlen im Original zu sehen, aber das hat die Kunstwerke stark beschädigt. Durch den Eintrag an Feuchtigkeit und organischem Material hat sich in einigen Höhlen Schimmel gebildet, sodass die Bilder zerstört wurden. Heute werden Sie konserviert und vor Zerstörung bewahrt.

Ich glaube ich muss eigentlich kaum erwähnen, dass alle gerade besprochenen Orte zum UNESCO Weltkulturerbe gehören.

Für die Höhlenmalereien, die wir heute kennen, wurden Pigmente verwendet, darunter Ocker oder auch Ruß, was Pigmente genau sind, das ist sehen wir später. Wichtig zunächst, sie brauchen Bindemittel. Das kann Wasser mit Kalk sein, oder Baumharze oder auch Blut.

Zum Aufbringen wurden verschiedene Techniken benutzt. Sehr einfach natürlich mit den Fingern oder mit Pinseln aus Tierhaaren.

Es ging auch anders, in dem man das Pigment versprüht. Ohne Airbrush hat man das Pigment dazu in den Mund genommen mit Speichel vermischt und dann gespuckt oder durch ein Röhrchen gepustet.

In der Entwicklung der Menschheit haben wir natürlich viele weitere farbige Stoffe und Maltechniken gefunden und erfunden. Das schauen wir uns jetzt an.

Chemie: Überblick

Wir beginnen mit einem kurzen Überblick über die heutigen Aspekte, die wir heute besprechen und brauchen.

Die Höhlenmalerei wirkt auf uns natürlich über Licht und Farben. Daher werden wir über genau das sprechen, Licht und die Wahrnehmung im Auge, sowie die Arten der Farbmischung.

Im chemischen Sinne schauen wir uns nach den Grundlagen an was Pigmente und Farbstoffe eigentlich sind. Pigmente haben dabei die Eigenschaft, dass sie in ihrem Medium nicht löslich sind. Als Medium sind zum Beispiel Wasser, Öle oder Harze möglich. Darin befinden sich dann die als Feststoffpartikel vorliegenden Pigmente.

Im Gegensatz zu den Pigmenten stehen die Farbstoffe, sie sind in ihrem Medium löslich, auch hier können das Öle, organische Lösungsmittel oder Wasser sein.

Chemie: Farbwahrnehmung

Ja, wie funktioniert Farbwahrnehmung eigentlich? Nun es beginnt mit dem Licht, den ohne Licht keine Sicht.

Ausgehend von Lichtquellen, wie der Sonne, trifft Licht auf Materie und wird reflektiert und gestreut. Dabei kann das Licht in unser Auge einfallen. Wenn alles gut geht, dann wird bei einem nicht eingeschränkten Menschen das Licht auf spezielle Sinneszellen fallen. Diese heißen Stäbchen und Zapfen. Stäbchen sind dabei für Hell-Dunkel-Sehen zuständig, die Zapfen für die Farbwahrnehmung.

Von den Zapfen haben Menschen in der Regel drei Arten, die rot, grün und blau wahrnehmen. Das machen sie indem sie spezialisierte Moleküle ausnutzen, die Iodopsine. Diese bestehen aus einem Rezeptorprotein, dem Photopsin, und einem Liganden, dem 11-cis-Retinal. Dröseln wir das nochmal auf:

Photopsin besteht aus vielen Aminosäuren und bildet damit eine chemische Umgebung, in die das 11-cis-Retinal gut reinpasst und binden kann. Das 11-cis-Retinal ist kein Protein, sondern ein aus Vitamin A stammendes Molekül. Als Ligand im biochemischen Sinne, wechselwirkt es mit dem Photopsin, in diesem Falle kommt es sogar zu einer kovalenten Bindung. Dann heißt der Komplex Iodopsin.

Solches Binden von Ligand und Protein verläuft häufig mit einer strukturellen Veränderung des Proteins. Dadurch wird dann die biochemische Funktion ausgelöst. Im Falle des Photopsins passiert das allerdings erstmal noch nicht. Retinal bindet ohne größere Veränderungen auszulösen. Das ändert sich, wenn Licht der richtigen Wellenlänge auf das 11-cis-Retinal trifft. Dann wandelt sich das 11-cis-Retinal in all-trans-Retinal um. Was bedeutet das?

Die Umwandlung könnt ihr, falls vorhanden, im Kapitelbild sehen. Retinal kann in verschiedenen Strukturen vorliegen, in unserem Beispiel 11-cis-Retinal und all-trans-Retinal. Das liegt daran, dass Moleküle bei gleicher Anzahl an Atomen unterschiedliche Strukturen ausbilden können. Das sind die Isomere. 11-cis und all-trans-Retinal sind isomer zueinander, sie unterscheiden sich ausschließlich an der Ausrichtung einer einzigen Doppelbindung. Doppelbindungen können cis oder trans ausgerichtet sein, was bedeutet, dass die Reste an den Kohlenstoffen entweder beieinander oder entgegengesetzt stehen. Cis bedeutet dabei zusammen und trans gegenüber bzw entgegen. In der inzwischen bevorzugten Nomenklatur werden Doppelbindungen auch als E oder Z bezeichnet, was im Prinzip das gleiche bedeutet, und die Buchstaben leiten sich von Entgegen und Zusammen ab.

Retinal jedenfalls beinhaltet 5 konjugierte C-C-Doppelbindungen, wobei nur eine in cis/Z-Stellung vorliegt. Konjugiert bedeutet, dass zwischen den Atomen abwechselnd Doppelbindung und Einfachbindungen sind. Durch diese Kombination bilden sich sogenannte pi-Systeme der Orbitale. Dadurch verteilen sich die Elektronen der beteiligten Orbitale über alle Atome des pi-Systems. Und das ist jetzt das Wichtige: das ermöglicht es nämlich, dass sie Licht einfangen können. Lasst mich das nochmal zusammenfassen:

Photopsin ist ein Protein, indem Retinal binden kann. Retinal beinhaltet 5 konjugierte Doppelbindungen, durch das es Licht absorbieren kann. Gebunden ist es zunächst als 11-cis-Retinal, was keine Veränderung am Photopsin bzw. Iodopsin auslöst. Erst wenn Licht der richtigen Wellenlänge einstrahlt, dann wandelt sich das cis in all-trans-Retinal um, dadurch verändert sich das Iodopsin und der Rezepter wird aktiviert. Die Aktivierung führt dann zu unserer Sinneswahrnehmung bzw. erstmal zur Signalweiterleitung ans Gehirn.

Für die Aufklärung der physiologischen und chemischen Prozesse im Auge erhielten Ragnar Granit, Haldan Keffer Hartline und George Wald den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin im Jahr 1967.

Das führt jetzt natürlich zu einer Frage: Wie kann es sein, dass mit einem Licht-absorbierenden Molekül, drei verschiedene Farben wahrgenommen werden können? Dazu kommt, dass im Molekül ja nur eine Doppelbindung isomerisiert, das würde dafür sprechen, dass nur ein Wellenlängenmaximum absorbiert wird. Und das ist auch so freies 11-cis-Retinal ohne Protein absorbiert bei einem Wellenlängenmaximum von 380 nm

Die Lösung steckt im Proteinteil. Dadurch ändert sich die chemische Umgebung des Retinals und die Wechselwirkungen sorgen dafür, dass das absorbierte Wellenlängenmaximum verschoben wird.

Dementspechend gibt es nicht ein Protein, sondern drei verschiedene leicht unterschiedliche Photopsine, sodass drei Wellenlängen absorbiert werden: bei 420 nm, 535 nm und 565 nm.

Die Wellenlängen entsprechen jeweils einer Farbe des Lichts: blau (420 nm), grün (535 nm), rot (565 nm). Diese Wellenlängen sind logischerweise im Bereich des sichtbaren Lichts. Licht selbst ist elektromagnetische Strahlung, die als Welle oder Teilchen beschrieben werden kann, Stichwort Welle-Teilchen-Dualismus. Die Teilchen der elektromagnetischen Strahlung werden Photone genannt. Zu der elektromagnetischen Strahlung gehört viel mehr als nur das sichtbare Licht, angefangen bei großer Energie gehören dazu:

Gamma-Strahlung > Röntgenstrahlung > Ultraviolett-Strahlung > Sichtbares Licht > Infrarot-Strahlung > Mikrowellenstrahlung > Radiowellen

Strahlung kann für Menschen und Tiere gefährlich sein, wenn sie ionisierend ist, was bei hoher Energie der Fall ist. Sehr bekannt ist das bei den Röntgenstrahlen, da diese die DNA schädigen können, was Krebs auslösen kann.

Hohe Energie bedeutet, dass sie eine hohe Frequenz oder kleine Wellenlänge besitzen. Eine Wellenlänge ist dabei die Entfernung zwischen Wellenkämmen oder Tälern. Also kann einfach wie beim Meer: jede Welle hat einen höchsten Punkt und der Abstand von dem zum nächsten ist die Wellenlänge. Die Frequenz ist damit eng verbunden, denn sie bezeichnet wie oft dieser Kamm pro Sekunde auftritt, die Einheit ist dann in Hertz. Was man dann zum Beispiel bei WLAN vielleicht kennt mit den Frequenzbändern 2.4 und 5.0 GHz. Fun fact: das sind Mikrowellen, wenn ihr euer Essen in der Mikrowelle erhitzt und die in einer Linie vor dem WLAN Router steht, dann habt ihr keine oder nur sehr schlechte Verbindung.

Gleichzeitig sind diese Strahlen eher ungefährlich, da sie nicht ionisierend sind, sie können höchstens noch Gewebe erwärmen. Die letzten wirklich gefährlichen sind UV-Strahlen, weshalb wir Sonnencreme benutzen.

Gehen wir aber nochmal zurück zu den Farben des sichtbaren Lichts. Wenn die Sonnenstrahlen auf Glasprismen oder Regentropfen fallen, dann können wir sehen, wie sich das weiße Licht nach ihren Wellenlängen aufspalten. Das Ergebnis ist der Regenbogen violett, blau, grün, gelb, orange und rot.

Andersherum: wenn die blauen, grünen und roten Anteile des Lichts in unser Auge fallen, dann addieren sie sich zum weißen Licht. Diese Additive Farbmischung wird in Bildschirmen benutzt. Daneben gibt es noch die subtraktive Farbmischung, die bei Pigmenten und Farben relevant ist. Also genau hier: bei den Pigmenten der Höhlenmalerei. Wie funktioniert das hier? Pigmente und Farben sind chemische Verbindungen, die die Möglichkeit bieten Licht zu absorbieren. Wie wir es schon häufig hatten können die Elektronen bestimmt Mengen an Energie aufnehmen. Diese bestimmte Menge korrespondiert mit der Wellenlänge des Lichts, wie wir es vorhin hatten.

Dadurch wird aus dem Licht eine Wellenlänge entfernt und das ins Auge fallende Licht, sieht die komplementäre Farbe. Mischen wir verschiedenste Pigmente zusammen, die möglichst vollständig rot, grün und blau entfernen, so sehen wir schwarz. Häufig klappt das nicht so gut, ich denke die meisten kennen noch die Wasserfarben aus der Kindheit, die dann bei allen Farben eher braun wurden.

Chemie: Pigmente damals und heute

Wir kommen zu den Pigmenten, die früher hauptsächlich in der Natur gefunden wurden und dann verwendet wurden. Auch hier hat die moderne Chemie Fortschritte gebracht, die wir am Ende dieses Abschnitts uns anschauen.

Die in der Frühzeit verwendeten Pigmente waren zum Beispiel Ocker, Holzkohle und Manganerze. Später kamen dann auch Lapislazuli und Türkis hinzu.

Ocker kann zum Beispiel in Frankreich gefunden werden. Die berühmten Ockerfelsen von Rousillion in der Provence sind ein Beispiel dafür. Dort enthalten große Gebiete, die „Ockerfelsen“, größere Mengen des Pigments. Chemisch betrachtet bestehen Ocker-Pigmente aus Brauneisenstein mit verschiedenen weiteren Tonmineralen, Quarz und Kalk. Wenn man über Ocker spricht, dann ist normalerweise der gelbe Ocker gemeint, daneben wird noch zwischen rotem und braunem unterschieden.

Die chemische Verbindung die Ocker gelb macht ist Eisen(III)-hydroxid-oxid (FeO(OH). Was ein Bestandteil des Rosts ist. Es handelt sich um eine Form des Eisenoxids, welches zusätzlich Wasser enthält. Ein Oxid ist dabei die Verbindung aus einem Element mit Sauerstoff.

Der gelbe Ocker kann umgewandelt werden, in den roten Ocker. Wie könnte es anders sein: durch Erhitzen. Bisschen übers Feuer hängen und aus gelb wird rot. Das Wasser verschwindet dabei und das Eisenoxid Fe2O3 verbleibt. Das rote Pigment wird übrigens von den OvaHimba benutzt, um ihre Haut und Haare einzufärben und vor äußeren Einflüssen zu schützen.

Ein schwarzes Pigment, das häufig benutzt wurde ist Holzkohle. Beim Verbrennen von Hölzern im Feuer entstand und entsteht Ruß. Du Ruß ist hauptsächlich elementarer Kohlenstoff. Auch heute verwenden wir Ruß in sehr großem Maß, 2011 wurden fast 11 Mio. Tonnen hergestellt: zu finden ist er als Farbpigment in sehr vielen Produkten z.B.: Druckertinte, Kunststoffe oder auch Maskara.

Heute werden viele Pigmente synthetisch hergestellt und ihre Eigenschaften gezielt verändert. Das können einerseits anorganische Materialien sein, wie das oben genannte Eisenoxid oder organische auf Kohlenstoff basierende Moleküle. Komplexe sind eine Unterart der chemischen Verbindungen, sie besitzen ein positives Zentralatom und Liganden, die Elektronen zum Zentralatom geben können. Der wesentliche Unterschied ist, dass bei den anorganischen Komplexen das Licht von den Elektronen des Metallions absorbiert wird. Im Unterschied dazu verfügen die organischen Pigmente über größere pi-Systeme, also abwechselnde Einfach- und Doppelbindungen.

Ein natürlich vorkommendes anorganisches Pigment haben wir bereits kennengelernt: das Eisenoxid im Ocker. Ein synthetisches Pigment hat wahrscheinlich jeder schon gesehen und es gilt als ältestes überhaupt, es wurde wahrscheinlich 1706 erstmals synthetisiert. Es ist das blaue Pigment in van Goghs Sternennacht und in „Die große Welle von Kanagawa.“ Die Rede ist vom Berliner Blau, Preußisch Blau bzw. Eisenhexacyanidoferrat. Ein anderer Komplex des Eisens. Das liegt dabei als 2+ oder 3+ Kation vor mit Cyanid-Anionen als Liganden. Ja, das Cyanid, das als Kaliumcyanid auch als Zyankali bekannt ist. Aber im Komplex mit Eisen ist es praktisch ungefährlich, da es vom Körper nicht aufgenommen wird. So kann es auch medizinisch genutzt werden: Im Falle einer Thallium-Vergiftung oder Kontamination mit dem radioaktiven Cäsium-137 kann es als Antidot gegeben werden. Die Metall-Ionen werden ins Kristallgitter von Berliner Blau eingelagert und können ausgeschieden werden.

Auch mehrere natürliche organische Pigmente sind wohlbekannt: Chlorophyll der Farbstoff von Pflanzen, wichtig für die Photosynthese und auch Indigo, das Jahrtausende als blaues Farbmittel benutzt . Dazu gibt es eine sehr interessante Geschichte der kommerziellen Synthese, vielleicht kommen wir auch mal dahin.

Synthetisch gibt es da vor allem zwei Klassen zu nennen. Sie können als Pigmente auftreten oder als Farbstoffe. Je nachdem, wie sie aufgebaut sind verändert sich ihre Löslichkeit in verschiedenen Lösungsmitteln.

Die Klassen sind die Azopigmente und Polycyclischen Pigmente bzw. Farbstoffe. Zu den Polycyclischen Pigmenten gehört das Kupferphthalocyanin. Ein Cyclus der über vier Stickstoffe Kupfer komplexiert. Für die organische Struktur fehlt mir die Phantasie der Beschreibung: guckt euch das Bild an.

Kupferphthalocyanin gilt inzwischen als das wichtigste blaue Pigment. Ihr findet es in Lacken, Plastik oder Tinten. Letzteres als Cyanblau in Druckertinte.

Chemie: Organische Farbstoffe

Kommen wir zu den Farbstoffen.

Im Gegensatz zu Pigmenten sind Farbstoffe in ihrem Anwendungsmedium gelöst. Beispielsweise Wasserfarben oder Lebensmittelfarben. Es gibt natürlich noch andere und die besprechen wir jetzt. Auch dabei kann man wieder natürliche und synthetische Farbstoffe unterscheiden.

Habt ihr schon mal Campari getrunken? Der stark rot gefärbte Likör wurde früher mit dem natürlichen Farbstoff Karmin gefärbt, der aus Cochenille-Schildläusen gewonnen wurde. Karmins farbiger Hauptbestandteil ist die Karminsäure. Sie hat dem Namen nach eine Carbonsäure-Funktion, und besteht darüber hinaus aus einem Antrachinon-Gerüst mit einigen zusätzlichen Substituenten und einem Glucose-Molekül. Das Antrachinon-Gerüst besteht aus drei Kohlenstoff-6-Ringe, die nebeneinander aneinandergefügt sind, wobei der mittlere Ring zwei Ketone als CO-Doppelbindungen enthält an Position 1 und 4, also oben und unten. Die noch genauere Beschreibung spare ich mir, guckt euch ein Bild an, am besten natürlich das Kapitelbild. Wichtig ist jedenfalls, dass Anthrachinon aromatisch ist und so ein ausgedehntes pi-System hat. Dadurch kann es Licht im sichtbaren Bereich absorbieren. Das Anthrachinon-Grundgerüst wurde in vielfältiger Art und Weise verändert, diese Farbstoffe sind zahlreich genug, dass sie eine eigene Klasse bilden: Die Antrachinonfarbstoffe, die sowohl natürliche wie auch synthetische Farbstoffe beinhalten.

Das war der alte Farbstoff von Campari, mit zweien der neuen Farbstoffe erschließen wir uns eine weitere Gruppe. Die Farbstoffe heißen Tartrazin und Azorubin, letzteres spoilert: es sind die Azo-Farbstoffe.

Als Beispiel möchte ich das Azorubin besprechen. Es besteht aus zwei Teilen, die jeweils ausgedehnte pi-Systeme enthalten. Es sind Derivate des Naphthalins, ein aromatisches Molekül, das zwei Kohlenstoff-6-Ringe besitzt, die miteinander verbunden sind. Die beiden Naphthalin-Fragmente sind verbunden mit einer sogenannten Azo-Gruppe: zwei Stickstoffatome, die mit einer Doppelbindung verbunden sind. Über diese Brücke können aromatische Systeme verbunden werden. Azofarbmittel sind die ältesten synthetischen organischen Farbmittel. Es waren zum ersten Mal alle Farben möglich zu synthetisieren und diese gezielt als Pigmente oder Farbstoffe zu entwickeln.

Damit Azorubin zum Beispiel wasserlöslich ist wurden zudem zwei Natrium-Sulfongruppen angefügt, als Summenformel RSO3, mit der negativen Ladung und -Natrium+ mit der positiven Ladung.

Der dritte Farbstoff im Campari ist Brillantblau FCF, der auch in Blue Curacao zu finden ist. Brillantblau FCF gehört der Gruppe der Triphenylmethan- bzw. -methin-Farbstoffen an. Die Gruppe hat als zentralen Bestandteil ein Kohlenstoffatom, an dem drei Phenylringe hängen. Phenyl ist der Name für Benzolringe, wenn diese als Substituenten auftauchen. Zu einem der Ringe muss in der „farbigen Form“ eine Doppelbindung vorliegen, damit ein großes pi-System entsteht.

Damit sind wir fast am Ende: Ich will nur noch einen Farbstoff besprechen. Habt ihr schonmal davon gehört „in das Purpur hineingeboren“ zu werden? Das waren die Kinder des amtierenden byzantinischen Kaisers. Das Purpur, eine besondere und teure Farbe, war den Kaisern vorbehalten. Bereits in Rom war das Purpur nur den höchsten Würdenträgern erlaubt zu tragen.

Das Purpur ist ein natürlicher Farbstoff, der aus den Purpurschnecken gewonnen wird. Das Sekret wird durch das Enzym Purpurase mit Sauerstoff und/oder Licht zum Pigment: 6,6‘-Dibromindigo. Blöd nur, dass das Pigment sich nicht zum Färben eignet. Eine Fermentation durch Bakterien führt zu einer wasserlöslichen, grün-gelben Form. Damit kann gefärbt werden und durch Licht und Sauerstoff wieder der Purpurfarbton entstehen. Dabei sind verschiedene Schattierungen von rot bis blau möglich: und natürlich das Violett im eigentlichen Sinne.

Zusammenfassung

Fassen wir die heutige Folge zusammen:

Wir haben einen kleinen Spaziergang von der Steinzeit bis zur Gegenwart hinter uns. Es begann mit den Höhlenmalereien, insbesondere der Kunstwerke in Frankreich und Spanien. Die damals verwendeten Farben sind Pigmente, die in der Natur zu finden sind. Zum Beispiel der Ocker, der von Eisen-Sauerstoff-Komplexen gebildet wird.

Pigmente sind in ihrem Anwendungsmedium unlöslich, im Gegensatz zu den Farbstoffen, die löslich sind.

Es gibt viele verschiedene natürliche und synthetische Farbmittel. In der Antike bis zur Neuzeit wurden natürliche Färbemittel verwendet: zum Beispiel das oben genannte Pigment Ocker oder das Purpur. In der Moderne und der quasi explodierenden Chemie kamen schnell viele synthetische Farbmittel hinzu. Angefangen über das Berliner Blau bis zu den Gruppen der Azo-, Anthrachinon- und Triphenylmethan-Farbmitteln. Die Liste ist natürlich nicht vollständig.

Achja und die vielleicht wichtigste Frage von heute: Sind weiß, grau und schwarz Farben? Sie sind unbunte Farben. Sie sind keine Spektralfarben aus der Zerlegung des Lichts, sondern das Fehlen oder vollständige Vorhandensein der farblichen Frequenzen.

Sign Off

Damit sind wir am Ende der Folge. Das Skript zum nachlesen, inklusive Bildern und weiterführenden Links findet ihr auf der Website: allesistchemie.de, zusammengeschrieben ohne Leerzeichen.

Wenn ihr Feedback oder Anregungen habt könnt ihr da einen Kommentar hinterlassen oder eine Email schreiben an info@allesistchemie.de.

 

Das war Alles ist Chemie Folge Nr 7. Danke fürs Zuhören.

Kapitelmarken

<Platzhalter>

Kurzzusammenfassung

In der Folge geht es um die Höhlenmalerei, die in der Steinzeit praktiziert wurde. Dafür wurden Pigmente benutzt, welche das waren und was der Unterschied zu Farbstoffen ist, werdet ihr erfahren, genauso wie man Farben eigentlich wahrnimmt.

Quellen

Bücher und Paper:

Weyer, Geschichte der Chemie Band 1, Springer Spektrum, Berlin, 2018. https://d-nb.info/1153009072

Welsch, Farben, Springer, Berlin, 2012. https://d-nb.info/1160768536

L. Hoffmann, A. W. Pike et al. Quat. Geochronol. 2016, 36, 104-119; https://doi.0org/10.1016%2Fj.quageo.2016.07.004

Yokoyama Prog. Retin. Eye Res. 2000, 19, 4, 385-419. https://doi.org/10.1016/S1350-9462(00)00002-1

 

Weiterführende Links:

https://de.wikipedia.org/wiki/Felsbild

https://de.wikipedia.org/wiki/Felsmalerei

https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hlenmalerei

https://en.wikipedia.org/wiki/Uranium%E2%80%93thorium_dating

https://en.wikipedia.org/wiki/Cave_of_Altamira

https://de.wikipedia.org/wiki/Chauvet-H%C3%B6hle

https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hle_von_Lascaux

https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6hlen_im_Maros-Pangkep_Karst

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetische_Welle

https://de.wikipedia.org/wiki/Farbwahrnehmung

https://de.wikipedia.org/wiki/Additive_Farbmischung

https://de.wikipedia.org/wiki/Subtraktive_Farbmischung

https://de.wikipedia.org/wiki/Zapfen_(Auge)

https://de.wikipedia.org/wiki/Photopsin

https://de.wikipedia.org/wiki/Iodopsine

https://en.wikipedia.org/wiki/Retinal

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Pigmente

https://de.wikipedia.org/wiki/Diketopyrrolopyrrol-Pigmente

https://de.wikipedia.org/wiki/Azopigmente

https://de.wikipedia.org/wiki/Ocker

https://en.wikipedia.org/wiki/Phthalocyanine_Green_G

https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Blau

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Farbstoffe

https://de.wikipedia.org/wiki/Anthrachinonfarbstoffe

https://de.wikipedia.org/wiki/Triphenylmethanfarbstoffe

https://de.wikipedia.org/wiki/Azofarbstoff

https://de.wikipedia.org/wiki/Karmins%C3%A4ure

https://de.wikipedia.org/wiki/Tartrazin

https://de.wikipedia.org/wiki/Azorubin

https://de.wikipedia.org/wiki/Brillantblau_FCF

https://de.wikipedia.org/wiki/Purpur_(Farbstoff)

https://de.wikipedia.org/wiki/Purpurf%C3%A4rberei_im_R%C3%B6mischen_und_Byzantinischen_Reich

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Ligand_(Biochemie)

Assoziationen

  • Aromatizität
  • Elektrophile aromatische Substitution
  • Azokupplung
  • Synthese von Indigo
  • Extraktion
  • Fermentation
  • Komplexe
  • Formulierung
  • Destillation
  • Lebensmittelchemie
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